Einen Nachteil hat dieses Jahr in Ghana. Man verpasst die EM in Oesterreich. Doch wir hatten Glueck im Unglueck, denn vom 20. Jaenner bis heute gibt’s hier in Ghana ein anderes ganz grosses Turnier: Der Africa Cup of Nations. Das muss man natuerlich ausnuetzen und das haben wir auch getan.
Beim Eroeffnungspiel in Accra gegen Guinea merkten wir wieder einmal, wie Fussball-verrueckt diese Nation ist: Keine Chance auf ein Taxi, die Strassen sind leer und nur ab und zu sieht man eine kleinere oder groessere Menge auf den Fernseher oder die Videoleinwand starren.
Natuerlich wurden auch die Nicht-Ghana-Spiele fleissig verfolgt. Da wir ja keinen Fernseher haben, sahen wir die Spiele an verschiedensten Plaetzen. Doch logischerweise wurde allerorts dem naechsten Ghana-Match entgegengefiebert. Wir beeilten uns in die Pfarre der Salesianer in Odumase zu kommen. Hunderte Fans starrten auf das tolle Bild eines Beamers in einer grossen Halle. Wir waren mitten drin und als Ghana (wer sonst) das erste Tor schoss wurde die Halle zu einem kochenden Kessel. Erst jetzt kann ich diese Beschreibung nachvollziehen, denn da ging es echt um. Der Typ vor mir drehte sich voller Freude um, schnappte mich und schuettelte mich fuer 2 Minuten. Ich schrie aus voller Kehle „GHANA GHANA GHANA“ und irgendwann beruehrte ich wieder den Boden, wo natuerlich weitergefeiert, -gesprungen, -getanzt, -geschrien wurde. Echt eine der unglaublichsten Momente hier in Ghana.
Im Africa Cup Gastgeberland zu sein und kein Spiel live zu sehen, geht natuerlich nicht. Also gings ab ins 2 Stunden entfernte Kumasi mit dem angeblich groessten Stadion in Ghana mit zwischen 40 000 und 51 000 Sitzen (das scheint niemand so genau zu wissen). Um unglaubliche 4 Cedi (= 3 Euro) bekamen wir ein Doppelticket fuer die Spiele Cameron – Zambia und Egypt – Sudan. Das heisst wir sahen die beiden Mannschaften die heute das Finale bestreiten: Cameron vs Egypt. Damals waren es zwei klare, torreiche und bissal fade Siege der beiden Finalisten. Wir haben zusammen mit Ben und Solo (siehe Foto) natuerlich die Spiele genossen und wir beschlossen wiederzukommen.
Nachdem die ersten beiden Gruppenspiele von Ghana gewonnen wurden, hofften wir natuerlich auf einen weiteren Sieg ... und die Black Stars enttaeuschten uns nicht. Im Zimmer von Joseph verfolgten wir gemeinsam mit einigen anderen Kollegen den grandiosen Sieg ueber Marokko.
3 Spiele – 3 Siege: Viertelfinale. Und zwar gegen Nigeria. Dazu muss man auch noch sagen, dass Nigeria der Erzfeind von Ghana ist, nicht nur im Fussball. Die Beziehung zwischen den beiden Laendern ist okay, aber in der Vergangenheit gab es einige unschoene Aktionen. Wie auch immer – ziemlich viel Spannung vor dem Spiel und auch ziemlich viel Spannung waehrend des Matches – wahnsinnig viel. Das Spiel war eines der spannendsten des Africa Cups. Nigeria ging bald in Fuehrung. Ein ungerechtfertigter Elfmeter. Doch Ghana gab die richtige Antwort: Noch vor der Pause glich der grosse Star Essien mit einem wuchtigen Kopfball aus. Die zweite Haelfte war gepraegt von einem harten Spiel mit vielen Fouls und nichtsdestotrotz schoenen Spielzuegen und echt tollen Chancen auf beiden Seiten. Fuer mich war diese 2. Haelfte die spannendste im ganzen Africa Cup. Man spuerte den Druck, der auf die Black Stars lastete. Ein Aus im Viertelfinale, noch dazu gegen Nigeria ... das waere eine herbe Enttaeuschung. Doch soweit kam es nicht. Mit einem Traumkombination schafften sie tatsaechlich das 2:1. Wiederum tanzte und feierte alles und jeder, bis das Spiel bald abgepfiffen wurde.
Doch dann gings erst so richtig los. In den Strassen Sunyanis war die Hoelle los. Tausende, wenn nicht Zehntausende rannten durch die Strassen, schwenkten Ghanaflaggen und feierten Patrick und mich als haetten WIR die Tore geschossen. Vor allem wenn wir den Siegestanz Agogos nachmachten waren sie sofort aus dem Haeuschen und schlossen sich uns an, sodass ploetzlich 50 Ghanaer hinter uns den selben Tanz machten. Es war eine unglaublich ausgelassenen Stimmung, wir wurden sogar liegend hochgehoben und alles tanzte, lachte und feierte. Wahnsinn!
Sodala, von all dem hab ich keine Fotos. Manche Momente kann man auch einfach nicht festhalten. Aber fuer die folgenden zwei Spiele gibt es sehr wohl Bilder. Letzten Donnerstag beschlossen wir noch einmal ein Spiel in Kumasi zu besuchen. Wir konnten mit zwei deutschen Entwicklungshelfer mitfahren, mit denen wir auch ueber die angeblich grandiose (stimmt des?) 1. Haelfte Oesterreichs und der torreichen 2. Haelfte Deutschlands diskutierten. Die Fahrt war ja generell recht komisch. Das Auto hatte Klimaanlage ... und die hat funktioniert. Die Lautstaerke des Motors war verschwindend gering, auf die Tueren konnte man sich verlassen und es gab keinen Gasgeruch. Sehr komisch. Leider mussten wir waehrend der Fahrt nach Kumasi die Niederlage Ghanas gegen Cameron mitanhoehren. In Kumasi waren die Strassen ziemlich leer und man fuehlte die drueckende Stimmung. Das Stadion war nur deshalb halbwegs gefuellt weil viele Fans aus dem nahem Cote d’Ivoir anreisten um ihr Team gegen Egypt zu unterstuetzen. Doch das half nix. Egypt spielte wahnsinnig stark und ihr zwar zu hoch ausgefallener 4:1 Sieg war niemals gefaehrdet. Lange Zeit stand es 1:1 doch fuer Drogba & Co gab es kein Durchkommen. Trotzdem ein hockklassiges, kartenloses, schnelles Spiel mit einer tollen Stimmung.
Um 2 Uhr erreichten wir mit dem TroTro Sunyani. Am naechsten Tag (Freitag) mussten wir natuerlich unterrichten und schon ueberlegten wir uns ob wir nicht den naechsten Tag (Samstag) wieder nach Kumasi fahren sollten um das Spiel um Platz 3 Ghana – Cote d’Ivoir zu sehen. Dieses Mal hatten wir keine Tickets und da es ja immerhin ein Ghana-Spiel war, zweifelten wir etwas ob wir diese vor dem Stadion kriegen wuerden. Noch dazu wusste anscheinend niemand wirklich ob das Spiel erstens wirklich in Kumasi ist und zweitens WANN? Mit einem entschiedenen „Egal, schaun ma mol“ gings trotzdem nach Kumasi. Auf dem Weg zur TroTro-Station fanden wir heraus, das Spiel SICHER in Kumasi is und SICHER um 5 Uhr is. Das koennte knapp werden. Bei der TroTro-Station trafen wir dann zufaellig eine Volontaerin aus den USA, die ebenfalls nach Kumasi wollte und uns versicherte dass das Spiel um 7 Uhr is. Nach 1 ½ Stunden fahrt bekam sie eine SMS, dass es doch SICHER um 5 Uhr ist. Wie auch immer. Als wir vor dem Stadion angekommen sind, war es ueberhaupt kein Problem Tickets zu bekommen.
Ab gings ins Stadion wo wir uns einen netten Platz suchten (Sitznummern werden nicht so eng genommen) und bald lauthals die Hymne Ghanas, die wir natuerlich dank der taeglichen Assembly auswendig koennen, miteinstimmten.
Auf den Bildern sieht man auch einige andere amerikanischen Volontaere die wir dort getroffen haben. Das Stadion war dieses Mal tatsaechlich fast voll und wenn Ghana in Ghana spielt gehts natuerlich um und wir warn mittn drinnen.
Die Stimmung war famos, vor allem als Muntari nach 10 Minuten das erste Tor aus einem Freistoss schoss. Das Stadion bebte. Doch bald glich Cote d’Ivoir aus und ging sogar in Fuehrung. Ende 1. Halbzeit, Anfang 2. Halbzeit waren sie auch dem 1:3 naehr als Ghana dem Ausgleich. Doch mit einer wahnsinns Einzelaktion netzte Owusu zum 2:2. Dann gings ploetzlich schnell. Ghana war nicht mehr zum Stoppen. Chance um Chance und Tor um Tor, denn der Endstand war 4:2. Wiederum zwei wunderschoene Tore. Grad jetzt sitz ich im Internet-Cafe wo gerade die Wiederholung des Spiels laeuft. Das 3:2 war ein Lochpass aus dem Bilderbuch mit einem sauberen Abschluss und das 4:2 wieder ein sauberer Schuss in die Ecke. Ein Traum.
Trotzdem merkte man die Enttaeuschung der Ghanaer. Es war eben nicht das Finale. Es wurde natuerlich gefeiert, aber das war nichts im Vergleich zu dem Nigeria-Match. Zu Fuss spazierten wir eine halbe Stunde zurueck zur TroTro Station, doch es war keine pure Freude in den Jubelgesaengen der vereinzelt vorbeiziehenden Gruppen. Am meisten haben dann noch wir gesungen und getanzt.
So ging der Africa Cup zu Ende. Das Finale ist zwar heute in einer Stunde und elf Minuten, doch das eigentliche "Finale" war natuerlich gestern in Kumasi. Die eigene Mannschaft bei einem grandiosen Sieg zu unterstuetzen is ein tolles Gefuehl. Ich hoff auch wir koennen unsere Mannschaft in einigen Monaten bei einem Sieg zujubeln. In diesem Sinne. Good Bye